Haben Sie Ihr Auto an „Pfando“ verloren?
Hier Erfahren Sie, Ob Sie das Auto Wiederbekommen können oder was sie von pfando verlangen können.
- Wurde das Auto bereits versteigert? Dann können Sie von Pfando Schadenersatz bekommen.
- Läuft der Vertrag noch? Dann müssen Sie auf Herausgabe der Schlüssel und des Fahrzeugsscheins klagen.
Das „Pfando Urteil“ vom 16. November 2022 (VIII ZR 436/21)
In dem Rechtsstreit zwischen einem klagenden Kunden und der beklagten Firma „Pfando“ hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein gewerblicher Ankauf von Kraftfahrzeugen und anschließende Vermietung an den Verkäufer im Rahmen eines sogenannten „sale and rent back“ wucherähnlich sein kann. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte im Jahr 1999 einen BMW M5 von dem klagenden Kunden für 5.000 € gekauft, obwohl der Händlereinkaufswert des Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt bei 13.700 € lag. Die Beklagte überließ das Fahrzeug dem Verkäufer aufgrund eines Mietverhältnisses zur weiteren Nutzung, versteigerte es am Ende des Mietverhältnisses und ersteigerte es in der Versteigerung selbst. Der Kunde klagte auf Schadensersatz in Höhe von 16.445 €, Rückzahlung der gezahlten Bearbeitungsgebühr sowie der bezahlten Mieten. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 15.545 € nebst Rechtshängigkeitszinsen ab dem 23. Februar 2019. Die Revision des Kunden wurde als unzulässig verworfen, die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen, jedoch müssen Zinsen aus dem ausgeurteilten Betrag erst ab dem 24. Februar 2019 gezahlt werden.
Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagte dem Kunden Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs (16.000 € abzüglich des Kaufpreises von 5.000 €) zahlen muss, da sie bösgläubig gehandelt hat und somit nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug an den Kunden herauszugeben. Die Unwirksamkeit der Übereignung des Fahrzeugs folgt aus der Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags, welche auch die in Erfüllung des Vertrags vorgenommene Übereignung erfasst hat. Das Gericht stellte fest, dass die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der Beklagten besteht, da das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Kaufvertrag ein grobes Missverhältnis aufweist. Die Beklagte konnte jedoch nicht nachweisen, dass der Kunde als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches anzusehen ist und somit die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung entkräftet werden könnte.
Zudem wurden vertragliche Regelungen im Mietvertrag als nicht ausreichend angesehen, um das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu rechtfertigen. Die zwischen den Parteien getroffenen Verwertungsregelungen nach Ablauf der Mietzeit wurden ebenfalls als nicht ausreichend angesehen, um das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu rechtfertigen. Die Übereignung des Kraftfahrzeugs durch den Kunden an die Pfando im Rahmen der Erfüllung des Kaufvertrags ist daher ebenfalls unwirksam.
Der Schaden umfasst sämtliche Vermögensschäden, die dem Eigentümer durch die Nicht-Herausgabe entstehen. Das Gericht hat den Schaden gemäß § 990 Abs. 1, §§ 989, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB bemessen, indem es den Betrag ermittelt hat, den der Kunde zur Beschaffung eines vergleichbaren Kraftfahrzeugs aufwenden müsste. Da die Beklagte nicht mehr in der Lage ist, das ursprüngliche Fahrzeug wiederzubeschaffen, hat das Gericht den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs auf 16.000 € geschätzt.
Der Mietvertrag war nichtig, da ein Rechtsgrund für die genannten Zahlungen von Anfang an nicht bestanden hat. Der Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, § 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 ZPO und steht dem klagenden Kunden entsprechend § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem Folgetag zu.
Die Revision des klagenden Kunden ist unzulässig, da er eine unzulässige Klageänderung vornimmt. Der klagende Kunde hatte bereits erstinstanzlich den Kaufpreis von seiner Forderung abgezogen und die Klage in Höhe der Kaufpreisforderung zurückgenommen. Somit stand der zurückgenommene Betrag nicht mehr zur Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine Klageänderung in der Revisionsinstanz ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, es handelt sich nur um eine Klarstellung, Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags auf der Grundlage eines Sachverhalts, der vom Berufungsgericht bereits gewürdigt worden ist.
ZU DEN Details:
Im Pfando-Urteil geht es um eine Klage gegen das bundesweit tätiges Pfandhaus, welches Kraftfahrzeuge ankauft und den Verkäufern im Rahmen eines Mietvertrags zur weiteren Nutzung überlässt („sale and rent back“). Nach Beendigung des Mietverhältnisses werden die Fahrzeuge von dem Pfandhaus verwertet. Der Kläger war Eigentümer eines im Jahr 1999 erstmals zugelassenen BMW M5, den er wegen eines Kreditbedarfs am 2. Januar 2018 für 5.000 € an das Pfandhaus verkaufte. In dem Kaufvertrag wurde vereinbart, dass das Fahrzeug von der Käuferin zur Nutzung zurückgemietet werden soll und dass ein Rückkaufsrecht nicht gewährt wird. Zusätzlich wurde ein Mietvertrag abgeschlossen, der den Kunden berechtigte, das Fahrzeug für eine bestimmte Zeit weiter zu nutzen. Nachdem der Kunde die Miete für Oktober 2018 nicht bezahlte, kündigte das Pfandhaus das Mietverhältnis und ließ das Fahrzeug am 25. November 2018 öffentlich versteigern. Die Beklagte erwarb das Fahrzeug bei der Versteigerung selbst und verkaufte es anschließend an ein anderes Unternehmen. Der Kunde forderte Schadensersatz und Rückzahlung der gezahlten Bearbeitungsgebühr sowie der Mieten in Höhe von insgesamt 16.445 €. Das Landgericht wies die Klage ab, aber das Oberlandesgericht änderte das Urteil auf die Berufung des Klägers hin und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 15.545 € nebst Rechtshängigkeitszinsen. Sowohl der Kläger als auch das Pfandhaus legten Revision gegen dieses Urteil ein.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts: OLG HAMM, URTEIL VOM 2. AUGUST 2021 – I-18 U 105/20
Das Berufungsgericht (OLG Hamm) hat in einem Urteil vom 2. August 2021 (I-18 U 105/20) entschieden, dass die beklagte Pfando dem klagenden Kunden Schadensersatz aufgrund des Verlusts seines Kraftfahrzeugs zahlen muss. Die beklagte Pfando hatte das Fahrzeug unrechtmäßig erworben, da sowohl der Kaufvertrag als auch der Mietvertrag unwirksam waren. Der Kaufvertrag war sittenwidrig, da der Händlereinkaufswert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mehr als doppelt so hoch war wie der vereinbarte Kaufpreis. Zudem verstieß die Vertragsgestaltung gegen das in § 34 Abs. 4 GewO geregelte Rückkaufsverbot. Die beklagte Pfando hatte dem Kunden eine „Option“ zum Rückkauf des Fahrzeugs noch vor der Versteigerung eingeräumt, jedoch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Regelungen vorgesehen, die diese Praxis verschleierten. Die beklagte Pfando hatte das Fahrzeug nicht gutgläubig erworben und muss daher Schadensersatz zahlen. Der Wert des Fahrzeugs wurde auf 16.000 € geschätzt, und die beklagte Pfando muss zudem die geleisteten Mieten nebst Bearbeitungsgebühr in Höhe von insgesamt 4.545 € zurückzahlen. Der klagende Kunde muss sich jedoch den als Kaufpreis erhaltenen Betrag von 5.000 € anrechnen lassen, so dass ihm ein Anspruch in Höhe von 15.545 € verbleibt.
Dazu der BGH:
Der BGH bestätigt den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs (16.000 €, abzüglich des – vom Kläger selbst in Ansatz gebrachten – Kaufpreises von 5.000 €) aus § 990 Abs. 1, §§ 989, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB.
In diesem Fall hat das Berufungsgericht richtig entschieden, dass der Kläger weiterhin Eigentümer des Fahrzeugs war, als die Beklagte es zugunsten ihres Unternehmens wirksam über das Eigentum verfügte, obwohl sie nicht das Recht zum Besitz hatte. Gemäß § 935 Abs. 1 BGB war die bösgläubige Beklagte nicht mehr in der Lage, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben und war ihm gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, da er sein Eigentum nicht durch Veräußerung an die Beklagte verloren hatte.
Das Berufungsgericht hat auch richtig entschieden, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag über das Fahrzeug als wucherähnliches Geschäft sittenwidrig und somit nichtig war. Gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist ein Vertrag sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt.
In diesem Fall war das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, da der Wert der Leistung annähernd doppelt so hoch war wie der Wert der Gegenleistung. Die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der Beklagten war somit gerechtfertigt. Die zwischen den Parteien für die Zeit nach dem Ende des Mietvertrags getroffenen Verwertungsregelungen führten nicht dazu, dass das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Kaufvertrag weniger erheblich erschien.
Die Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags führte auch zur Unwirksamkeit der im Rahmen der Erfüllung des Kaufvertrags erfolgten Übereignung des Fahrzeugs durch den Kläger an die Beklagte.